Merkurdurchgänge

Transits of Mercury

Einleitung

Merkurtransite unterliegen einer noch viel seltsameren Rhythmik als Venusdurchgänge, kommen dafür aber viel häufiger vor. Im langfristigen Mittel kann man mit gut 13 Merkurdurchgängen pro Jahrhundert rechnen, Venusdurchgänge ereignen sich langfristig nur knapp zwei pro Jahrhundert.

Merkurdurchgänge blieben bis zur Erfindung des Fernrohrs im 17. Jahrhundert unbemerkt. Der innerste Planet ist zu klein, als dass er von blossem Auge (mit genügender Lichtdämpfung) gesehen werden könnte. Mit Hilfe seiner Rudolphinischen Tafeln konnte Johannes Kepler einen Merkurtransit für den 7. November 1631 vorausberechnen. Kepler starb aber ein Jahr vor dem Ereignis, dessen Beobachtung dem französischen Astronomen Pierre Gassendi vorbehalten blieb.

Edmond Halley beobachtete 1677 auf der Atlantikinsel Saint Helena einen Merkurdurchgang. Dies brachte ihn zur Erkenntnis, dass mit solchen Planetendurchgängen die Astronomische Einheit (Abstand Erde-Sonne) bestimmt werden könnte. In seinen Veröffentlichungen in den Jahren 1693 und 1716 äusserte er jedoch seine Überzeugung, dass sich Venusdurchgänge besser dafür eigneten (siehe separate Unterseite).

Obwohl ich seit meiner Jugend an Astronomie interessiert war, erlebte ich meinen ersten Merkurdurchgang erst am 7. Mai 2003. Alle früheren waren entweder nicht von der Schweiz aus beobachtbar, oder ich hatte einfach keine Kenntnis von jenen in den 1970er Jahren. Der Transit vom 8. November 2006 konnte von der Schweiz aus wiederum nicht beobachtet werden. Die nächsten zwei – 9. Mai 2016 und 11. November 2019 – erlebte ich im Rahmen von öffentlichen Veranstaltungen der Sternwarte Rümlang.

Die nächsten Merkurtransite finden erst 2032, 2039 und 2049 statt.

PierreGassendi
Pierre Gassendi (1592-1655)
Edmund_Halley
Edmond Halley (1656-1742), by John Faber jr., 1722,_Yale Center for British Art

Introduction

Mercury transits are subject to a much stranger rhythm than Venus transits, but they occur much more frequently. On a long-term average, we can expect a good 13 Mercury transits per century, while Venus transits only occur in just under two per century over the long term.

Mercury transits remained unnoticed until the invention of the telescope in the 17th century. The innermost planet is too small to be seen by the naked eye (with sufficient light attenuation). With the help of his Rudolphine Tables, Johannes Kepler was able to predict a transit of Mercury for 7 November 1631. However, Kepler died a year before the event, the observation of which was left to the French astronomer Pierre Gassendi.

Edmond Halley observed a transit of Mercury on the Atlantic island of Saint Helena in 1677. This led him to realise that such planetary transits could be used to determine the astronomical unit (distance Earth-Sun). In his publications in 1693 and 1716, however, he expressed his conviction that Venus transits were better suited for this purpose (see separate sub-page).

Although I had been interested in astronomy since my youth, I did not experience my first Mercury transit until 7 May 2003. All earlier ones were either not observable from Switzerland, or I simply had no knowledge of those in the 1970s. The transit of 8 November 2006 was again not observable from Switzerland. The next two – 9 May 2016 and 11 November 2019 – I experienced as part of public events at the Ruemlang Observatory.

The next transits of mercury will take place in 2032, 2039 and 2049.

7. Mai 2003

Trockene Witterung, aber hohe Wolkenfelder hatte der Wetterbericht den Hobbyastronomen für ihre Beobachtung des Merkurdurchgangs in Aussicht gestellt. Ausgerechnet die gut vierminütige Eintrittsphase des Planeten auf die Sonnenscheibe blieb tatsächlich hinter den angekündigten Wolken verborgen. Just um 07:16 Uhr beim 2. Kontakt (innere Berührung) kam die Sonne zum Vorschein und zeigte durch das Fernrohr das schwarze Scheibchen an ihrem nordöstlichen Rand. Bald verzog sich das Gewölk spurlos, und das ganze Ereignis konnte bei wolkenlosem Himmel ideal beobachtet werden. Die 50 Sternwartengäste machten regen Gebrauch von den verschiedenen, auf der Wiese aufgestellten privaten Teleskopen und reagierten begeistert auf den neckischen Anblick des kleinen schwarzen Pünktchens. Als ob jemand mit einer Lochzange ein Loch in die Sonne gestanzt hätte. Gesteigert wurde der Eindruck noch durch einen sehr schönen, grossen Sonnenfleck, der fast genau die Mitte der Sonnenscheibe anzeigte. Alle Fernrohre waren besetzt, als Merkur um 12:28 Uhr den nordwestlichen Sonnenrand berührte, den er innert gut vier Minuten überquerte.

So sah der Himmel just bei der Eintrittsphase aus. Aber danach verschwanden sämtliche Wolken und gaben die Sicht auf die Sonne frei. - - This is what the sky looked like just at the entry phase at 07:15 hrs. Later, all the clouds disappeared, revealing the sun.
Der Merkur vor der Sonnenscheibe um 08:57 Uhr, ungefähr eine Stunde vor der Mitte des Durchgangs (Kamera Olympus Camedia C5050, ISO 64, 1/125 s, durch den Sternwarten-Refraktor Zeiss APQ 150/1200, Weisslichtfilter, Ausschnitt aus dem Original). - - Mercury in front of the Sun's disk at 08:57 hrs, about an hour before the middle of the transit (Camera Olympus Camedia C5050, ISO 64, 1/125 s, through the observatory refractor Zeiss APQ 150/1200, white light filter, crop from the original).
Private mobile Instrumente auf der Wiese vor der Sternwarte. - - Private mobile instruments on the meadow in front of the observatory.

7 May 2003

The weather forecast had promised hobby astronomers dry weather but high cloud fields for their observation of the transit of Mercury. Of all things, the four-minute phase of the planet’s entry onto the solar disk was actually hidden behind the announced clouds. Just at 07:16 at the 2nd contact (inner contact), the sun appeared and showed the black disk at its north-eastern rim through the telescope. Soon the clouds disappeared without a trace and the whole event could be observed ideally under a cloudless sky. The 50 observatory guests made lively use of the various private telescopes set up on the meadow and reacted enthusiastically to the teasing sight of the little black dot. It was as if someone had punched a hole in the sun with a punch plier. The impression was further enhanced by a very beautiful, large sunspot that showed almost exactly the centre of the solar disk. All telescopes were occupied when Mercury touched the northwestern rim of the sun at 12:28 hrs, which it crossed within a good four minutes.

Einige Aushänge mit Informationen über den Merkurdurchgang. - - Some displays with information about the transit of Mercury.

9. Mai 2016

Die Wetterdienste sagten veränderliche Bewölkung mit sonnigen Abschnitten voraus. Trotzdem sagten wir unsere öffentliche Veranstaltung der Sternwarte Rümlang an, denn keiner der Dienste prognostizierte Regen!

Auf dem Areal um die Sternwarte stellten wir ein grosses, ungefähr massstäbliches 3D-Modell des inneren Sonnensystem auf (nur Erde, Merkur und Sonne). Nach einem genauen Plan schlugen wir Pflanzenstäbe in den Boden ein. Mit dickem Elektrodraht befestigten wir die Merkur- und Erdbahnen an den Stäben und brachten ein Modell der Sonne, Planetenmodelle, sowie Schilder mit Erläuterungen an. Leider war der dicke isolierte Draht, der die Planetenbahnen darstellen sollte, zu dünn, zu wenig steif, und er hing durch. Immerhin veranschaulichte das Modell doch zu einiger Zufriedenheit die Himmelsmechanik mit der geneigten Merkurbahn.

Daneben stellten wir mehrere private Teleskope auf. Obwohl immer wieder kleine Wolken und Schleier aufzogen, konnten wir den Eintritt des Merkurscheibchens ab 13:12:12 Uhr sehr gut beobachten. Gut drei Minuten dauerte das Überqueren des Sonnenrandes durch das Planetenscheibchen, und um 13:15:24 Uhr fand der zweite (innere) Kontakt statt. Das Scheibchen löste sich vom inneren Sonnenrand. Die Luft flimmerte allerdings sehr stark, und so erwies sich das Scharfstellen der optischen Geräte als recht schwierig. Tatsächlich überzog sich der Himmel bald einmal mit dichten Wolken. Nur gelegentlich erblickte man die Sonne durch eine der seltenen Wolkenlücken.

Kurz vor 16 Uhr begannen vereinzelte Regentropfen zu fallen, die aber harmlos blieben, und später kam sogar wieder die Sonne hervor. Innert kürzester Zeit klarte der Himmel auf, und wir hatten wieder freie Sicht auf die Sonne. Mit meinen Refraktor Borg 76ED/500 mit Weisslichtfilter konnte ich kurz vor 17 Uhr ein paar Aufnahmen von der Sonne mit dem Merkur machen, der exakt um 16:56:12 Uhr die Mitte seines Durchgangs erreichte. Die Föhnlage bescherte uns eine wunderschöne Bergkulisse.

Die Sonne verabschiedete sich kurz nach 20 Uhr definitiv hinter einer Wolkenbank im Westen. Den dritten und vierten Kontakt des Merkurdurchgangs um 20:37 Uhr hätten wir ohnehin nicht mehr beobachten können, da die Sonne dann selbst bei klarem Himmel hinter den Hügeln am Horizont verdeckt gewesen wäre.

Die Sonne im 3D Modell, im Hintergrund ein schönes Bergpanorama. - - The sun in the 3D model, in the background a beautiful mountain panorama.
Merkur vor der Sonnenscheibe um 16:51 Uhr, etwa fünf Minuten vor der Mitte des Durchgangs (Kamera Canon EOS 6D, ISO 400, 1/1250s, durch Refraktor Borg 76ED/500, f=500mm, F/6.6, Weisslichtfilter, Ausschnitt aus dem Original). - - Mercury in front of the Sun's disk at 16:51 hrs, about five minutes before the middle of the transit (Camera Canon EOS 6D, ISO 400, 1/1250s, through refractor Borg 76ED/500, f=500mm, F/6.6, white light filter, crop from the original).
Ein massstäbliches Modell mit der Sonne und den Planetenbahnen von Merkur und der Erde. - - A scale model with the Sun and the planetary orbits of Mercury and the Earth.
Leider blieben die Drähte im 3D-Modellder Planetenbahnen nicht schön in ihrer geradlinigen Form. - - Unfortunately, the wires in the 3D model of the planetary orbits did not stay nicely in their straight shape.

9 May 2016

The weather services predicted variable cloudiness with sunny spells. Nevertheless, we announced our public event at the Ruemlang Observatory, as none of the services were forecasting rain!

In the area around the observatory, we set up a large, roughly to-scale 3D model of the inner solar system (Earth, Mercury and Sun only). Following a precise plan, we hammered plant sticks into the ground. With thick electric wire, we attached Mercury’s and Earth’s orbits to the sticks and attached a model of the Sun, planet models, and signs with explanations. Unfortunately, the thick insulated wire that was supposed to represent the planetary orbits was too thin, not stiff enough, and it sagged. Nevertheless, the model illustrated the celestial mechanics with the inclined Mercury orbit to some satisfaction.

Next to it we set up several private telescopes. Although small clouds and veils kept appearing, we were able to observe the entry of the Mercury disk very well from 13:12:12 hrs. It took a good three minutes for the disk to cross the edge of the sun, and at 13:15:24 hrs the second (inner) contact took place. The disk detached from the inner solar limb. However, the air was very flickering, so focusing the optical instruments proved to be quite difficult. In fact, the sky soon became covered with dense clouds. Only occasionally did we catch a glimpse of the sun through one of the rare gaps in the clouds.

Shortly before 16:00 hrs, scattered raindrops began to fall, but they remained harmless, and later even the sun came out again. Within no time, the sky cleared and we had a clear view of the sun again. With my refractor Borg 76ED/500 with white light filter I was able to take a few pictures of the sun shortly before 17:00 hrs with Mercury, which reached the middle of its transit exactly at 16:56:12 hrs. The foehn conditions gave us a beautiful mountain backdrop.

The sun definitely took its leave behind a cloud bank in the west shortly after 20:00 hrs. We would not have been able to observe the third and fourth contact of Mercury’s transit at 20:37 hrs anyway, as the sun would then have been hidden behind the hills on the horizon, even with a clear sky.

Private Fernrohre als Ergänzung zu den Sternwarteninstrumenten. - - Private telescopes to complement observatory instruments.

11. November 2019

Bei Tagesanbruch herrschte hochnebelartige Bewölkung. Laut der Wettervorhersage sollte es nur in der Tagesmitte kurze Aufhellungen geben, dann sollten grosse Wolkenbänder von Westen her die Schweiz überqueren. Für die öffentliche Veranstaltung der Sternwarte Rümlang sah es deshalb düster aus. Die Verantwortlichen einigten sich auf eine «Schwachstrom»-Durchführung und eine schlichte Präsenz bei der Sternwarte.

Wie die letzten Male stellten wir auf der Wiese um die Sternwarte mobile Fernrohre auf. Das Wetter hielt sich überhaupt nicht an die düsteren Prognosen mit nur einer kurzen Aufhellung, sondern es wurde sogar immer besser. Um 13:36 Uhr sah man in meinem Refraktor Borg 76ED/500 mit Baader-Sonnenfilterfolie den Merkur auf die Sonnenscheibe treten. Das Seeing war sehr schlecht, der Sonnenrand und der Merkur waberten stark, aber der Planet war sehr gut zu erkennen. Nach ein paar Minuten, als Merkur schon deutlich auf der Sonnenscheibe stand, machte ich ein paar Fotos mit dem Handy an meinem Teleskop, später auch in der Sternwarte am Zeiss Refraktor APQ 150/1200. Nun bereute ich, dass ich meinen Kameraadapter zu Hause zurückgelassen hatte!

Gleich zu Beginn trafen einige Gäste ein, und in Abständen trafen immer weitere ein. Überraschend lange blieb uns das gute Wetter erhalten, obwohl immer wieder kleinere Wölkchen durchzogen, die aber im Fernrohr einen faszinierenden Eindruck machten und das Erlebnis eher steigerten statt schmälerten. Aber um 14:30 Uhr gewann die Wolkenfront doch die Oberhand.

Die letzten Gäste verabschiedeten sich schon vor Sonnenuntergang (16:55 Uhr), Merkur zog sich erst zwei Stunden danach von der Sonnenscheibe zurück. Letztlich werteten wir den Anlass doch noch als recht guten Erfolg.

Der Demonstrator der Sternwarte Rümlang, Beat Meier, erstellte mit seinem 3D-Drucker diese Planetenmodelle. - - The demonstrator of the Ruemlang Observatory, Beat Meier, created these planet models with his 3D printer.
Mein Refraktor Borg 76ED/500 mit einem Mylar-Weisslichtfilter. - - My refractor Borg 76ED/500 with a Mylar white light filter.
Der Merkurdurchgang um 13:53 Uhr, aufgenommen mit meinem Handy durch den Refraktor Zeiss APQ 150/1200 mit Herschelprisma (Ausschnitt aus dem Original). - - The transit of Mercury at 13:53 hrs, taken with my mobile phone through the refractor Zeiss APQ 150/1200 with Herschel prism (crop from the original).
Die Sternwarte Rümlang. - - The Ruemlang Observatory

11 November 2019

At daybreak, high foggy clouds prevailed. According to the weather forecast, there would only be brief clearing in the middle of the day, then large bands of clouds would cross Switzerland from the west. Therefore, it looked bleak for the public event of the Ruemlang Observatory. Those responsible agreed on a «light version» event and a simple presence at the observatory.

Like the last times, we set up mobile telescopes on the meadow around the observatory. The weather did not abide at all by the gloomy forecasts with only a brief brightening, in fact it got better and better. At 13:36 hrs, in my refractor Borg 76ED/500 with Baader solar filter foil, Mercury was seen moving onto the solar disk. The seeing was very poor, the solar limb and Mercury were wobbling a lot, but the planet was visible quite well. After a few minutes, when Mercury was already clearly on the solar disk, I took a few photos with my mobile phone through my telescope, later also in the observatory through the Zeiss refractor APQ 150/1200. Now I regretted that I had left my camera adapter at home!

Right at the beginning, a few guests arrived, and at intervals more and more arrived. The good weather stayed with us for a surprisingly long time, although some small clouds came through again and again, but they made a fascinating impression in the telescope and enhanced the experience rather than deminishing it. But at 14:30 hrs the cloud front gained the upper hand.

The last guests left before sunset (16:55 hrs), Mercury only retreated from the solar disk two hours later. In the end, we judged the event to be quite a success.

Links der Sternwarten-Refraktor Zeiss APQ 150/1200 mit Herschel Prisma. - - On the left, the observatory refractor Zeiss APQ 150/1200 with Herschel prism.
Das Wetter war viel schöner als prognostiziert, obwohl gelegentlich kleine Wolkenfelder vorbeizogen. - - The weather was much nicer than forecast, although small cloud fields passed by occasionally.